Der Kirchhof hell erleuchtet, in der Kirche flackerndes Licht und Bässe: Am 16. September gab es in Bartholomäus unter dem Titel „KreuzFrequenz“ einen Rave, also eine Tanzveranstaltung mit elektronischer Musik. Darüber hat GKR-Mitglied Till Hanke mit Paul Meyer aus der Gemeinde-Jugendarbeit und Lenz Meinel gesprochen, die beide zum Techno-DJ-Kollektiv Drehkreuz gehören.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, einen Rave in einer Kirche zu veranstalten?

Paul: Sonst machen wir Partys an anderen Orten, etwa dem Hühnermanhattan oder dem Peißnitz-Haus. In Erfurt, wo ich meine Ausbildung mache, gab es schonmal einen Rave in einer Kirche. Das fanden wir ziemlich cool.

Ist der Rave gut angenommen worden?

Lenz: Es waren gut 400 Menschen in einer Altersspanne von 18 bis 60. Die Älteren sind nicht unser übliches Klientel und das hat uns sehr gefreut. Die meisten waren aber zwischen 20 und 30.
Paul: Bis zur Dämmerung saßen viele entspannt in der Abendsonne an der Bar im Kirchhof und haben geredet. Als es dunkel wurde, kamen sie dann in die Kirche und haben getanzt.

Von 16 bis 22 Uhr: Warum hatte der Rave eine so ungewöhnliche Uhrzeit?

Paul: Sonntag um 10 Uhr war wieder Gottesdienst in der Kirche. Wir haben etwas Zeit gebraucht, bis die Stühle wieder an ihrem Ort waren und Ordnung herrschte.
Lenz: Die Jugend hat uns viel geholfen. Hier waren wir innerhalb von knapp zwei Stunden fertig. Das war super!

Unser Gemeindepädagoge Folker Hofmann hatte beim Rave einen eigenen Tisch aufgebaut. Warum?

Paul: Er hat es „Soul care“ genannt. Da konnte man hingehen, wenn es einem nicht so gut ging oder jemanden zum Reden brauchte. Das wurde nicht so stark angenommen, aber es war gut, dass es die Möglichkeit gab.

Warum musste das Publikum zum Eintritt etwas zu Essen mitbringen?

Paul: Wir haben eine Solidaritätsparty gemacht und mit den Lebensmitteln das CVJM-Projekt Schnitte in Halle-Neustadt unterstützt. Die Spenden haben fast einen ganzen Sprinter gefüllt.

Lenz, du bist nicht der typische Kirchgänger. Wie war es für dich?

Lenz: Es war für mich was ganz anderes als bei unseren normalen Veranstaltungen in Clubs oder anderen Orten. In einer Kirche mit der Akustik arbeiten zu können, war wunderbar. Und dann noch ein so schönes Projekt unterstützen zu können, hat die Sache echt versüßt. So, wie die Leute es angenommen haben, hat es sich definitiv gelohnt.

Paul: Wir wollen als Drehkreuz die Gemeinde zu einem Kirchencafé mit Essen einladen. Dabei wollen wir gerade mit Leuten ins Gespräch kommen, die dem Ganzen eher kritisch gegenüber stehen. Das Datum geben wir noch bekannt.

Das ganze Interview ist auf dem YouTube-Kanal von Bartholomäus im GKR-Podcast #29 zu sehen.

Keine ungeistlichen Rhythmen

Die Initiative zu „Kreuz-Frequenz“ kam aus der Jugendarbeit unserer Gemeinde. Uns als GKR ist es wichtig, dass Jugendliche ihren Platz in der Gemeinde und damit auch in unseren Räumlichkeiten haben.

In unserer Kirche hören wir sonst Musik etwa von Bach oder Mendelssohn. Die waren aber auch mal jung und der neueste Schrei auf dem Musikmarkt. Und vermutlich waren die Gemeindekirchenräte der damaligen Zeit nicht immer begeistert. Zu der Musik kommt jetzt mit dem Tanzen eine neue Körperlichkeit dazu. Das ist in der Kirche aber auch nichts ganz Neues: Manche Choräle basieren auf einem Volkslied, das geistlich umgetextet wurde. Und manchmal bewegt sich einem dabei auch der Fuß. Bei Musik in der Kirche geht also ein Teil unseres Lobes Gottes durch den Leib.

Da muss nicht jeder mitgehen. Aber ein Rave ist nicht per se ungeistlich, denn aus meiner Sicht gibt es keine ungeistlichen Rhythmen.

Ralf Döbbeling