Die Boote sind eingeholt, der Sommer war groß, aber er ist vorbei. Trotz mancher Einschränkungen war er erholsam. Die Kurve war flach und das Leben fühlte sich fast so normal an wie im Sommer zuvor, inklusive der Trockenheit. Doch die Krise ist zurück. Wenn ihr doch nicht der Eindruck der Katastrophe anhaftete.
Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat. (Hebräerbrief 10, 35)
Es gibt Tatsachen, denen nur schwer widersprochen werden kann, da ihnen faktisch nichts entgegen gehalten werden kann. Und wer für diesen Winter noch optimistisch war, hatte sich unter Umständen ungenügend informiert. Deutschland hat im Durchschnitt die älteste Bevölkerung in Europa und ist dadurch in vielerlei Weise risikoanfälliger als andere Länder mit einem anderen Altersmedian.
Nur ist das gleichbedeutend, dass die gute alte Zeit des Bootfahrens, des Schwimmens, der langen Abende, der gemeinsamen Zeit endgültig vorbei sind? Und – nachgefragt – reicht es überhaupt aus, sich auf den nächsten Sommer zu freuen, der all das wieder verspricht? Die Boote sind nur für den Winter eingeholt, um im nächsten Jahr wieder zu Wasser gelassen zu werden.
Werft euer Vertrauen nicht weg. Ich möchte hinzufügen, auch jetzt nicht, weil das Vertrauen sich lohnt. Und weil die Hoffnung über die Erfahrung hinausgeht. Gerade angesichts der Verletzlichkeit und Sterblichkeit brauchen wir Vertrauen und sollten uns nicht in Ängsten verlieren. Denn eigentlich hat sich nichts Grundsätzliches geändert. Wenn die Optimisten gut informiert gewesen wären, hätten sie wissen können, dass alle Menschen sterblich sind. Schon immer. Dennoch waren auch die Menschen, die vor uns gelebt haben zuversichtlich. Trotzdem haben sie Kinder in die Welt gesetzt, trotzdem haben sie etwas riskiert und immer wieder Zeit verschwendet, indem sie gelacht, getanzt und gefeiert haben. Gott sei Dank! Zukunftserwartung und Freude gehören zusammen wie Glaube und Vertrauen.
Aber ist vielleicht unsere Zukunft älter geworden als die Zukunft früherer Generationen. War ihre Zukunft jünger und irgendwie frischer? Verspricht uns unser Leben weniger Lebensqualität als ihnen, deren Leben schon vergangen ist?
Die Frage ist nicht nur irreal, sondern auch absurd. Wir leben in guten Zeiten. Lassen Sie uns also nicht fatalistisch werden. Nicht ein blindes Schicksal lenkt uns, sondern der Gott, der uns sieht, leitet und begleitet uns. Es sitzt ein Gott im Regimente, der uns liebt. Es macht einen Unterschied, ob man das glaubt oder das Vertrauen wegwirft. Das entsorgte Vertrauen macht aus der Krise die Katastrophe. Wir brauchen aber für die Gegenwart und auch für den Winter Menschen, die hoffen, die in anderer Weise positiv ansteckend sind und motivieren.
Selbst durch häufiges Zitieren ist der Satz nicht abgegriffen: Krisen können Chancen sein. Selbst der Tod, den wir vermeiden möchten, an den wir deshalb möglichst selten denken, wird in Gottes Händen verwandelt in ein neues Leben.
Ihr Pfarrer
Ralf Döbbeling