Foto: J.Stückrad

Wir gehen zurzeit soweit auf Abstand zueinander und sind teilweise so distanziert, dass wir füreinander fast unsichtbar sind. Wir erkennen das Lächeln unter der Maske nur an den Lachfalten der Augen. Werden wir einander noch wiedererkennen oder wird zurückhaltende Fremdheit zur neuen Normalität? Haben wir uns schon lange etwas vorgemacht und unter Masken gemieden, einander offen zu begegnen?

Der Mensch Jesus von Nazareth, Mariens Sohn, sollte das offenbare, unverstellte Gesicht Gottes sein. An ihm sollten wir sehen können, wie Gott ist. Ein deutliches Zeichen, das wir nicht übersehen können. Wir sollten mehr als ein Gefühl davon bekommen, was von Gott zu erwarten ist. Und die aufschlussreichen Gleichnisse von dem zweiten Sohn z.B., der die Freiheit sucht und einsichtig zurückkehrt als Beispiel dafür, wie Gott Umwege duldet und Menschen ohne Häme und Belehrung eine neue Chance gibt. Oder das Kreuz, das deshalb zum Logo der Christen geworden ist, weil es deutlich macht, dass Gott die Todesangst der Menschen kennt und sie in der Frage, ob alles vergeblich und absurd ist, an dem Holz trägt. Das alles macht mir klar, wie viel Jesus von dem verborgenen Gott aufgedeckt hat.

Doch dann wieder die Sorge. Wie geht es weiter? Wird die Krise mir persönlich etwas anhaben? Es könnte sein, dass Gott mir in diesen Zeiten ungewiss und undeutlich wird. Der Glaube verrutscht und der offenbare Christus wird zweifelhaft. Wir trauen Jesus nicht zu, den aktuellen Weg mit uns zu Ende zu gehen.

Begegnet mir Christus aber vielleicht in diesen Zeiten neu? Sind die neuen Leiden der Welt ganz konkrete Offenbarungen, wie Christus mir begegnet? Wie er die Kranken, Gefangenen, Flüchtlinge als seine Wiedergänger entlarvt, sich neu als Christus entpuppen wird. Christus trägt Maske und wir erkennen ihn nicht, aber diese Alltagsmaske ist neu und nötig uns, den Nächsten genauer zu betrachten. Ist das vielleicht der Christus in einem neuen Kostüm?

Gott hat seine Verborgenheit verlassen und sich in Jesus für alle Zeiten in die Sichtbarkeit begeben. Der mir fremde Mensch ist der verborgene Christus. Da drängt sich der höfliche Gott geradezu unangenehm auf. And to make a long story short hat er nicht nur in ganz einfachen Worten und Gleichnissen von Gott gesprochen, er hat für zukünftige Zeiten angedeutet, dass wir ihn in unscheinbaren Heiligen erwarten dürfen. Also müssen wir Augen und Ohren öffnen, denn der da mit dem Mund-Nasen-Schutz, den ich nur halb erkenne, ist wohlmöglich der verborgene Christus.

Ralf Döbbeling