In diesem Jahr habe ich erstmals das Vorwort der Losungen gelesen. Es ist die 291. Ausgabe dieses Wegbegleiters für jeden Tag des Jahres. Es hat mir gefallen. Gleichzeitig habe ich mich gefragt, wozu Vorworte eigentlich da sind und für wen sie geschrieben werden? Wer braucht, bevor er beginnt, ein Buch zu lesen, ein einleitendes Wort?
Normalerweise erzeugt ein Buch die nötige Spannung durch die Handlung selbst. Durch die Geschichte der Personen wird mir wünschenswerterweise eine neue Sicht auf die Welt gewährt. Dazu brauche ich kein Vorwort. Denn ein gutes Buch braucht keines und ein schlechtes rettet es nicht. Tatsächlich habe ich mich selbst schon mal um die Schreiberin eines Vorwortes bemüht. Jemand mit Erfahrung, jemand Prominentes, ein Leserfischer sollte es sein. Ich wollte mit einer interessanten Person ein Kaufinteresse für das Buch wecken. Am besten schreibt man gleich auf den Buchdeckel, wer dieses Buch empfiehlt, damit der unentschiedene Käufer gleich erkennt, dass dieses ein Must-have ist. Er kann sich sein eigenes Urteil sparen, denn das Vorwort inklusive Hinweis auf dem Einband zeigen an, dass die Lektüre keine Geld- und Zeitverschwendung ist. Dieses Buch ist eine Sensation. Sagt ja schon das Vorwort. Mit einem Satz: Vorworte sind überflüssig und manchmal sogar schädlich. Es ist eigentlich eine irrige Ansicht, der Leserin und dem Leser sagen zu müssen, wozu er nach Lektüre des Buches selbst imstande ist.
Braucht ein Jahr ein Vorwort? Kann ein Vorwort dem Jahr ’21 eine zukunftsweisende Richtung verleihen? Dann könnten Sie sich, bevor sie es noch erleben, darauf vorbereiten, dass das Jahr dramatisch wird, aber letztendlich mit einem Happy End ausgeht. Würden Sie dem Vorwort vertrauen? Derzeit gibt es einige wenige Menschen, denen die Hörerinnen und Hörer in ihren Podcasts an den Lippen hängen, um zu erfahren, was die Inzidenzen, die Aktienkurse oder der Vogelflug denn anzeigen. Entschuldigen Sie bitte den bösen zynischen Ton. Ich bin froh, wenn bescheidene Menschen mit Augenmaß ihre Erkenntnis teilen. Und ich habe da auch meine Favoriten, deren Meinung ich einhole.
Nur bleibt uns auch für 2021 nur eine Lesart. Wir müssen das Jahr von vorne nach hinten, sozusagen Seite für Seite bis zum Ende erleben. Verstehen und beurteilen können wir es dann im Rückblick. Es hilft mir nicht, den Tag zu kennen, an dem mir das Leben Zitronen schenken wird. Ich hoffe, dass das Jahr durch Gottes Fügung gut wird und dass es rückblickend lebenswert gewesen sein wird. Das weiß ich aber erst vom Ende her. Bis dahin möchte ich Tag für Tag leben und aufmerksam sein, in der Erwartung, dass Gott seinen Segen zart und fein in jeden Tag des Jahres einwickelt und aus allem das Beste macht. Und bei den Losungen habe ich nach dem Vorwort nicht aufgehört zu lesen. Gottes Wort und das Gebet begleiten jeden neuen Tag.
Ralf Döbbeling