Wieder mal anders. Weihnachten sollte nach unseren Wünschen eigentlich einen guten Duft verbreiten mit Kerzen, gemütlichen Abenden, Familienfest, angemessen gutem Essen, Glühwein und Punsch und Freude beim Einkaufen der Geschenke. Stattdessen gibt es Einzelhandelsprobleme, Fußballweltmeisterschaft, hektische Entscheidungen von getriebenen Menschen, Krieg, Teuerung und wieder nur wenige Stunden Tageslicht.

Wer soll das nur aushalten? Wer sollte sich da nicht fürchten? Und dabei sind wir von vielem nicht einmal direkt betroffen, auch wenn wir uns betreffen lassen. So wie Matthias Claudius, den der ferne Krieg erschreckt zu einem Gedicht drängt: „´s ist Krieg“. Die Engel über den Feldern von Bethlehem haben doch verkündet: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden, den Menschen seines Wohlgefallens. Was ist daraus geworden? Wo bleibt der Friede? Wie lange warten wir schon auf Gerechtigkeit?

Es sind Worte, lobende Worte, gesungene Worte, die die Engel proklamieren. Doch die Engel Gottes haben den Krieg nicht verhindert. Auch nicht die anderen Zeichen der Zeit, die anzeigen, dass sie nicht idealisiert werden dürfen. Es sind hoffnungsvolle Worte und schön sind sie. Sie haben ihre Bedeutung, gerade weil sie mit dem, was ist, in Spannung stehen. Es ist ja auch ein Hymnus und keine Aufforderung in dem Sinne: Wenn wir Gott in der Höhe ehren, wird auch Friede auf Erden sein. Und doch hört man Worte nur, wenn die Waffen schweigen, wenn das Lied nicht niedergebrüllt und von Misstönen übertönt wird.

Solche Worte befähigen zum Widerspruch und zum Widerstand, aber sie wollen gehört werden. Zuerst in uns selbst, denn angesichts der Geschehnisse um uns herum wollen wir manchmal platzen. Wir sinnen auf Rache und Vergeltung für Ungerechtigkeit. Machen die anderen dadurch zu unseren persönlichen Feinden, die es zu bekämpfen gilt. Wir vergiften unser Herz mit schlechten Gedanken.

Gut ist, dass es gute Worte gibt, Lob und Anerkennung, Liebesgeflüster und versöhnende Gespräche. Ich möchte im Duktus dieser Worte bleiben und mir selbst den Mund nicht verbieten zu loben. Es gibt in der Bibel einen Spruch: Gott habe aus dem Munde der Unmündigen und Schwachen eine Macht bereitet. Ich sehe angesichts der dominanten Themen dieser Zeit gerade wenig Hoffnung auf eine Wende. Nur einen Hauch von Lob. Wie sollte ein Sieg ohne Verlierer aussehen?

Ich erwarte nicht, dass zu irgendeinem Weihnachten die Mechanismen von kommerziellem und nationalem Wachstum ausgesetzt werden. Aber wenn ich von etwas fest überzeugt bin, dann dass die Welt nur durch lobende Worte heiler und friedvoller wird, die selbst aus dem Munde von schwachen und unmündigen Menschen und von Engeln noch authentisch klingen.

Ralf Döbbeling