Der Gemeindekirchenrat der Bartholomäusgemeinde hatte in der Vergangenheit zu einer öffentlichen Diskussion über den Stellenplan des Kirchenkreises eingeladen und nimmt mit folgendem Brief Stellung:
Stellungnahme des Gemeindekirchenrates der Bartholomäus-Gemeinde zum Stellenplan 2025
Sehr geehrter Herr Superintendent Kant, sehr geehrte Frau Boß, sehr geehrte Mitglieder der Stellenplankommission,
für Ihre Arbeit an dem neuen Stellenplan danken wir Ihnen und nutzen die Gelegenheit zur Stellungnahme.
- 1. Allgemeines:
Zur Verteilung der Stellen auf die Regionen und Gemeindekooperationen können wir uns nur oberflächlich äußern, weil wir das zugrundeliegende Zahlenmaterial nicht kennen. So können wir nur vermuten, dass die Zahl der unserer und den Nachbargemeinden Petrus und Laurentius zugeordneten Stellen gemessen an der Zahl der Gemeindemitglieder, der ehrenamtlich mitarbeitenden Personen und auch der Bevölkerung – bei einem Christenanteil von 25% mit einer Bevölkerung in Giebichenstein von knapp 10.000 Einwohnern und einem sehr hohen Anteil von Familien mit Kindern – deutlich unterdurchschnittlich ausgefallen ist.
Der Begründung für die Planung entnehmen wir die Bildung von Schwerpunkten anstelle einer gleichmäßigen Verteilung der Knappheit, wie sie nun mit dem Einsatz der Kantoren begonnen wird. Dies ist sinnvoll.
Der Bartholomäus-Gemeinde wurde in den letzten zwei Jahrzehnten Wachstum geschenkt. Zuzug und die Gründung von Familien im Gemeindebereich führten zum Schwerpunkt der Kinder- und Familienarbeit in unserer Gemeinde, die einen über dem Durchschnitt liegenden Anteil an schulpflichtigen Kindern aufweist. Das Verständnis als gottesdienstzentrierte Beteiligungs-Gemeinde mit derzeit circa 150 ehrenamtlichen Mitarbeitern öffnete das Gemeindeleben insbesondere über die Hauskreise für viele Menschen, die – wie auch die Familien – nicht nur aus dem Pfarrbezirk, sondern auch aus anderen Gebieten des Kirchenkreises kommen und auch anderen Konfessionen angehören.
Unter dem Aspekt dieses Schwerpunktes sind die nachfolgenden Aussagen zu verstehen:
- 2. Aussagen zu den einzelnen Sparten/Gewerken
2.1. Gemeindepädagogik:
Der Kinderanteil an der Wohnbevölkerung ist in unserem Gemeindegebiet der stadtweit höchste, dicht gefolgt von dem der Petrus-Gemeinde. Wie die Petrus-Gemeinde unterhalten wir einen Kindergarten und einen Hort. Kinder, Jugendliche und junge Eltern stellen den überwiegenden Anteil an den Gottesdienstbesuchern in unserer Gemeinde. Mit nur etwa ¼ Stelle je Gemeinde für Gemeindepädagogik bleiben hier in unvertretbarem Ausmaß Chancen für die Zukunft der Kirche ungenutzt. Obwohl wir diese Arbeit im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden schon auf breites ehrenamtliches Fundament gestellt haben, sind aus unserer Sicht wenigstens 0,4 – eher 0,5 – Stellenanteile allein in der Bartholomäus-Gemeinde – für eine gute Regionalarbeit in den Gemeinden Petrus, Bartholomäus und Laurentius 1,25 bis 1,5 Stellen – nötig.
2.2. Kirchenmusik:
Die Berücksichtigung der Region mit einer vollen Kantorenstelle werten wir als Anerkennung der bisher geleisteten Arbeit. Unter Berücksichtigung des Schlüssels der Gemeindeglieder (1.200 je Stelle) und der intensiven kirchenmusikalischen Arbeit in der Gemeinde und der Region sollten aus unserer Sicht wenigstens 1,25 Stellenanteile dauerhaft den Gemeinden St. Petrus, Bartholomäus und Laurentius zugeteilt werden.
2.3. Pfarramt:
Im Bereich des Pfarramtes sehen wir die dringende Notwendigkeit der Besetzung einer vollen Stelle in unserer Gemeinde. Das gründet nicht nur auf dem besonderen Profil der Bartholomäus-Gemeinde als Beteiligungs- und „Familien“-Gemeinde, sondern auch auf der vorhandenen Bereitschaft, das in den letzten Jahren „akkumulierte Wissen“ in geschwisterlicher Solidarität allen Gemeinden des Kirchenkreises im Sinne des Gemeindeaufbaus zur Verfügung zu stellen, wofür es insbesondere durch die Ehrenamtlichen (s. Punkt 01.) gute Voraussetzungen gibt.
- 3. Aussagen zur Region und zu kirchenkreisweiten Aufgaben:
Verkündigungsmitarbeiter sollten – das zeigen gerade unsere Erfahrungen in der Gemeindepädagogik – innerhalb einer überschaubaren Gemeindekooperation, nicht aber darüber hinaus eingesetzt werden. Schwerpunktaufgaben sind gesondert zu regeln.
Nicht vorstellbar ist uns deshalb bisher eine lebendige Kooperation mit der Marktgemeinde, weil Struktur und besondere Aufgaben der Marktgemeinde nur wenige gemeinsame Arbeitsfelder mit den anderen drei Gemeinden der Region erkennen lassen und eine vierte Gemeinde auch für die ehrenamtlichen Mitarbeiter eine nicht mehr überschaubare und erlebbare Größe des Arbeitsfeldes bedeutet. Dies erfordert einen zu hohen Aufwand für Koordination und belastet die Motivation. Hier bedarf es der klaren Willensäußerung des Kirchenkreises als verantwortlicher Institution, welche inhaltlichen Schwerpunkte in dieser Kooperation gesetzt werden sollen. Nur um rechnerisch eine mit anderen Regionen vergleichbare Größe zu erreichen, sollten diese schweren Nachteile nicht hingenommen werden.
- 4. Aussagen zur Unterstützung der Ehrenamtlichen vor Ort:
Generell erscheint uns die „Gemeindekooperation“ als Schlüsselbegriff für den Umgang mit dem Stellenplan. Sie gelingt nur, wenn alle beteiligten Verkündigungsmitarbeiter und Gemeindekirchenräte dies wollen und der Kirchenkreis als Fach- und Dienstaufsicht diesen Prozess nachhaltig und dauerhaft begleitet. Nur dann ist auch die Wahrnehmung von Schwerpunktaufgaben in einer Gemeinde für den Kirchenkreis (s. Punkt 03.) durchführbar.
Die letzten Jahre haben in den Gemeinden Petrus, Bartholomäus und Laurentius Beispiele dafür gebracht, wie Mitarbeiter an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gekommen sind, wenn sie unkoordinierten Erwartungen mehrerer Gemeinden nachgaben, aber auch Beispiele für weitgehende und sogar völlige Verweigerung gemeindeübergreifender Arbeit in der Region. Beides erschwert eine Kooperation und erfolgreichen Gemeindeaufbau und ist nur mit Hilfe des Kirchenkreises und seiner Kompetenzen als Arbeitgeber vermeidbar.
Die Profilierung von Gemeinden stellt zusätzliche Anforderungen an die Personalplanung. Nicht jeder Mitarbeiter passt zu jedem Profil, sogar das Alter kann Bedeutung haben. Eine Mitsprache der Gemeinden bei der Personalauswahl an dem unmittelbaren Ort des Wirkens würde dem Rechnung tragen.
Die neue Langfristigkeit der Planung empfinden wir als Hilfe. Sie verdeutlicht die Notwendigkeit der Zusammenarbeit und vermeidet, dass benachbarte Gemeinden sich im Abstand weniger Jahre als Konkurrenten um Stellen erleben. Sie sollte ausgebaut werden zu einem Personalentwicklungsplan für den Kirchenkreis unter Berücksichtigung der Förderung des Ehrenamtes.
Halle/Saale, 25. Februar 2012
Gottfried Muntschick Mark Udo Born
Vorsitzender des GKR Mitglied des GKR