Foto: Katharina Lipskoch

Das Wichtigste zuerst: Godly Play ist so viel mehr als nur ein Angebot an Kinder, biblische Geschichten zu erfahren. Es geht um nichts weniger als um die ganz persönliche Begegnung mit Gott und mit sich selbst durch eine uralte menschliche Tradition – dem Erzählen und Zuhören.

Als Renate Grötzsch, ehemalige Leiterin der Kindertagesstätte unserer Gemeinde, zum ersten Mal Godly Play miterlebte, sprang der Funke sofort über. „Diese besondere Atmosphäre von Godly Play, die Möglichkeiten, von Gott und Jesus zu hören und dabei sich selbst zu verorten, das hat mich begeistert.“ So sehr, dass sie begann, das hochwertige Material, das in Werkstätten der Diakonie Leipzig hergestellt wird, privat anzuschaffen, um es zunächst im Kindergarten einsetzen zu können. Seitdem gehört sie zu der wachsenden Gruppe von Menschen, die dieses Konzept weiterentwickeln und anwenden. Ines Grafenhorst, Erzieherin in Hort und Kindertagesstätte unserer Gemeinde, hat sie mit ihrer Freude angesteckt, inzwischen sind beide ausgebildete Godly Play–Erzählerinnen.

Im besten Fall gestalten sie eine Godly-Play-Stunde zu zweit, so sieht es das Konzept vor. Eine Person begrüßt die Teilnehmenden und kümmert sich im Hintergrund um sie. Die andere Person kann sich als Erzählende so voll und ganz auf den zeremoniellen Prozess des Hinführens, des Vortragens und Gestaltens der Geschichte konzentrieren. Texte und Gesten, mit Bedacht ausgewählt, stehen zu jeder einzelnen Geschichte fest und werden im besten Fall vorher auswendig gelernt. Die besondere Wirkung von Godly Play beschreibt Ines Grafenhorst so: „Sie liegt in der Stille. Man wird selbst bewegt und konfrontiert mit Dingen, die man gar nicht erwartet. Das ist ein ganz tiefes Eintauchen in die Geschichte und in sich selbst.“

Von Jerome Berryman im Kontext der amerikanischen Sonntagsschulen seit 1970 entwickelt, kam Godly Play vor einigen Jahren auch nach Deutschland und wurde hier unter dem Namen „Gott im Spiel“ weiterentwickelt. Godly Play verbindet Impulse aus der Montessori-Pädagogik mit Inhalten des christlichen Glaubens. Jede Stunde folgt einem festen Ablauf: Nach einer Phase des An- und Zur-Ruhe-Kommens, dem Anzünden der Christuskerze und einem Lied, wird die Geschichte vorgetragen. Anschließend folgt ein „Ergründungsgespräch“, bei dem die Kinder ihre Gedanken zum Gehörten formulieren und sich auch selbst in der Geschichte verorten. Diese Verbindung zum eigenen Leben macht für Renate etwas Besonderes aus: „Es gibt diesen Punkt, an dem sich die Frage für die Zuhörer stellt, wo komme ich in der Geschichte vor? Diese Frage ermöglicht es ihnen, etwas in der Geschichte wiederzufinden, was sie selbst erlebt haben. Sie können erfahren, Gott kommt auch mir nahe.“ Eine Spiel- und Kreativphase gibt schließlich Raum, um das Gehörte zu verarbeiten und sich ganz persönlich damit auseinanderzusetzen. Die Stunde endet immer mit einem kleinen Fest, bei dem gemeinsam gegessen, getrunken und gebetet wird.

Dass nach dem Umzug des Gemeindebüros der große Eckraum im Erdgeschoss des Gemeindehauses frei wurde, ist ein Glücksfall. Groß und hell, mit viel Platz an den Wänden für die Anordnung des Materials und für die Begegnung in der Mitte, ist er ein idealtypischer Godly-Play-Raum. Das Angebot richtet sich vor allem an Kinder im sonntäglichen Kindergottesdienst und findet auch Anwendung für Gruppen aus dem Kindergarten und dem Hort. Jedoch sind alle, die dieses Konzept kennenlernen und nutzen möchten, herzlich eingeladen, Renate und Ines anzusprechen. Etwa, um sich in einem Haus- oder Bibellesekreis mit einer bestimmten Bibelgeschichte zu beschäftigen oder sich einem ganz persönlichen Glaubens- und Lebensthema zu nähern.

Und auch wer selbst Godly Play/Gott im Spiel lernen und anwenden möchte, kann Renate Grötzsch oder Ines Grafenhorst jederzeit ansprechen. Beide sind sich einig: „Wir möchten gern mehr Menschen dafür gewinnen.“

Text und Foto: Katharina Lipskoch