Wo sind Sie geboren?
Ich bin ein echter Hallenser. Geboren in Halle und aufgewachsen in der Platte, in einem der für DDR-Verhältnisse Luxus-Punkthochhäuser am damaligen Thälmannplatz.
Also eine sozialistisch geprägte Kindheit?
Nein, schon in meiner Kindheit hatte ich prägende Glaubenserfahrungen gemacht. Tatsächlich war mein erster Berufswunsch, Pfarrer zu werden.
Wie ging es dann weiter?
Später, mit 15/16 habe ich mich dann mehr für Musik interessiert und nach dem Abitur an der EOS Thomas Müntzer und dem Wehrdienst als Bausoldat erst einmal in Leipzig Musik studiert. Während dieser Zeit habe ich den Bezug zum Glauben leider vollkommen verloren. Es gab da eine Phase, die ich im Nachhinein eher als orientierungslos beschreiben würde.
Wie haben Sie dann wieder die Kurve gekriegt?
Nach dem Studium war ich für einige Jahre in Russland. Dort bin ich einer Ernsthaftigkeit und Frömmigkeit begegnet, die mir gar nicht mehr vertraut war. Das hat mir geholfen, zu meinen eigenen Wurzeln zurückzufinden.
Und wie kann ich mir das vorstellen?
Nach meiner Rückkehr nach Deutschland, hatte ich ein echtes Erweckungserlebnis. Ich habe Gott als einen liebenden Vater kennengelernt und erleben dürfen und weiß seitdem, was es bedeutet, ein erlöstes Gotteskind zu sein. Das hat mein Leben stark geprägt und prägt es bis heute.
Haben Sie Familie?
Ich habe meine Frau Maria in Halle kennengelernt. Sie kam nach Halle zum Studieren. Ich habe zu dieser Zeit, nach meiner Rückkehr aus Russland, in Halle Religion und Musik auf Lehramt studiert. 2007 haben wir geheiratet und haben jetzt zwei Kinder. Ari ist 8 und Hanna ist 2 Jahr alt.
Wann haben Sie sich dafür entschieden, in Halle zu bleiben?
2008 haben wir beide unser Studium bzw. das Referendariat beendet und wollten dann erst einmal in die Welt hinaus. Überraschender Weise bekamen wir beide gute Arbeitsangebote in Israel. Maria als Physikerin an einem Institut bei Tel Aviv und ich als Deutschlehrer an einer arabischen Schule in Ramallah. Das war für uns eine sehr spannende Zeit. Gewohnt haben wir in dieser Zeit in Ramallah, einer arabischen Stadt nördlich von Jerusalem.
Und wann sind Sie zurückgekommen?
Nach zwei Jahren in Israel hat unser Sohn Ari in Jerusalem das Licht der Welt erblickt. Wir haben das als eine Zäsur empfunden und uns gefragt, wo wir uns jetzt als Familie dauerhaft niederlassen möchten. Jerusalem war auch eine Option aber schließlich haben wir uns dafür entschieden, nach Halle zurück zu kehren. Jerusalem ist für uns aber bis heute so etwas wie ein zweites Zuhause, das wir jährlich besuchen. Als wir wieder in Deutschland waren, hatten wir die Möglichkeit, mit anderen Familien zusammen ein Haus zu kaufen und sind sehr glücklich, dass wir hier im schönen Giebichensteinviertel gelandet sind. Wir wohnen jetzt mit 5 befreundeten Familien zusammen in einem Haus ganz in der Nähe der Bartholomäus-Gemeinde.
Wie engagieren Sie sich im Quartier?
Die Kontakte in unserem Wohnviertel sind uns sehr wichtig. Wir beteiligen uns aktiv bei Aktionen wie dem Giebichensteiner Adventskalender und dem weißen Dinner. Zu einigen Nachbarn sind inzwischen echte Freundschaften gewachsen. Das schätzen wir sehr.
Was schätzen Sie an der Bartholomäusgemeinde?
Die Bartholomäusgemeinde ist uns als die Gemeinde in unserem Stadtviertel sehr wichtig. Sie gehört dazu. Hier knüpfen wir Kontakte, vernetzen uns und Freundschaften entstehen. Ich freue mich in der Gemeinde sehr über die vielen engagierten jungen Leute und auch wie sie in Verantwortung hineingeführt werden. Beispielsweise finde ich die Konfi-Gottesdienste sehr spannend. Es ist immer wieder überwältigend, wie viel Potential die jungen Leute entwickeln, wenn sie kreativ und eigenständig sind.
Und wo arbeiten Sie selbst mit?
Ich arbeite mit im Kindergottesdienst. Außerdem habe ich vor drei Jahren eine Ausbildung zum Prädikanten begonnen. Als Religionslehrer bin ich es ja gewohnt, die gute Nachricht weiterzugeben.
Mein Verständnis von Evangelischem Christsein heißt, dass Kirche nicht ein Raum ist, in dem man sich berieseln lässt, sondern einer, den man aktiv mitgestaltet. Je nach seinen Leidenschaften und Gaben.
Und welche Gaben sind das bei Ihnen?
Einmal liebe ich die Arbeit mit Kindern. Als Lehrer ist das ja mein tägliches Brot. Andererseits bin ich als Religionslehrer im Verkündigungsdienst, was mir große Freude macht. Da empfinde ich es als sinnvoll, auch die Ausbildung für den ehrenamtlichen Verkündigungsdienst in der Gemeinde zu ergänzen.
Sie meinen den KFU?
Ja genau, Kirchliche Fernunterricht ist so etwas, wie ein Theologiestudium für den ehrenamtlichen Dienst. Die Ausbildung ist sehr anspruchsvoll, vor allem neben Familie und Beruf. An die eher wissenschaftliche Ausbildung im Kirchlichen Fernunterricht schließt sich jetzt der mehr praxisorientierte Aufbaukurs für Prädikanten an. Den belege ich seit diesem Sommer.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Ein Lebensmotto, dass mich seit meiner Bekehrung begleitet steht in Psalm 37,4-5 Habe Deine Lust am HERRN; der wird dir geben, was dein Herz wünschet. Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe auf ihn; er wird’s wohl machen… Freude am Herrn haben ist für mich ein wesentliches Kennzeichen unseres Christseins. Es beinhaltet für mich aber auch das Wagnis, mich immer wieder neu der Führung Gottes anzuvertrauen, oft auf Wegen, die eine ganze Portion Mut und Gottvertrauen erfordern.
Ein Lebensthema ist für mich auch der Gedanke des gemeinsamen Lebens. Ich empfinde, dass es für uns als Christen von zentraler Bedeutung ist, das was man glaubt, auch im täglichen Leben zu praktizieren. Das betrifft in erster Linie Vergebung. Wie Jesus uns vergeben hat, so sind wir auch immer wieder herausgefordert, anderen zu vergeben und Vergebung zu empfangen. Dafür brauchen wir unsere Mitmenschen. Es braucht den Mut, sich nicht nur in seinen Stärken, sondern auch in seinen Schwächen zu begegnen und anzunehmen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Sandra Biewald