Sabine Rahn ist in Halle geboren und aufgewachsen, wurde in der Bartholomäusgemeinde getauft und konfirmiert. Nach dem Abitur folgte ein Studium Pflanzenproduktion, das Frau Rahn wegen eines gestellten Ausreiseantrages nicht beenden durfte. Einige Zeit später durfte sie als legaler, staatenloser Flüchtling nach Darmstadt umziehen. In Hamburg absolvierte sie ein Fachhochschulstudium zur Diplombibliothekarin, arbeitete in verschiedenen Bibliotheken, studierte nebenbei Geschichte der Naturwissenschaften, absolvierte eine Weiterbildung zur Datenverarbeitungsfachjournalistin und arbeitete schließlich in Frankfurt am Main. Seit 2017 genießt Frau Rahn das süße Nichtstun einer Rentnerin in Halle – oder auch nicht, denn in unserer Gemeinde ist sie in einigen Bereichen aktiv.
Was motiviert Sie in Ihrer Tätigkeit?
Die geschenkte Lebenszeit hier in Halle möchte ich möglichst sinnvoll verbringen. Bewusst bin ich zum Chor und ins Kirchencaféteam der Bartholomäusgemeinde gegangen, durch Zufall in die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ geraten. Und alles macht gleichviel Freude. In der Gegend, in der Gemeinde ist mir irgendwie alles vertraut und doch noch fremd. Das Fremde schüttele ich nach und nach ab. Inzwischen habe ich den offenen Bibelkreis für mich entdeckt, für den im Arbeitsleben einfach kein Platz war. Ich bin schon gespannt, was mir noch für Aufgaben zuwachsen.
Was bedeutet Glaube für Sie?
Mit dem Glauben an Gott hatte ich jahrelang Schwierigkeiten. Wenn mich jemand danach fragte, antwortete ich stets vorsichtig, dass ich an Gott glauben möchte. Als ich im Newsletter der Bartholomäusgemeinde das Angebot über Alltagsexerzitien „Hoffen können, ein geistlicher Übungsweg“ fand, habe ich mich sofort angemeldet.
Was ist bei den Alltagsexerzitien passiert?
Täglich war vier Wochen lang eine stille Zeit einzuhalten, in der man zur Ruhe kommen sollte. Jede/r hatte in der ersten Stunde von Pfarrerin Ulrike Wolter-Victor ein handgefertigtes Heft mit vorgegebenen Bibeltexten, Psalmen und dazugehörenden Impulsen bekommen, in dem er/sie las und 20 bis 30 Minuten darüber nachdachte. Dazu gab es ein Heft für eigene Notizen, meins ist total vollgekritzelt, oft sprudelten die Gedanken bei mir, die wohl Jahre von anderen Sachen verdeckt waren. In der ersten Woche ging es um das Thema „Hoffen können“, in der zweiten „Angst und Zweifel loslassen“, in der dritten „Auf Begegnung einlassen“ und in der vierten Woche „Auf Neues einlassen“. Bei den Meditationen nahm ich staunend völlig verschüttete Erinnerungen wahr. In kleiner Gruppe haben wir uns jeden Montagabend getroffen und über unsere Erlebnisse berichtet, gemeinsam meditative Übungen ausprobiert, gesungen und gebetet. Immer wieder hatte ich das Gefühl, dass diese Texte wie für mich gemacht waren. Auf einmal wurden viele meiner Fragen beantwortet. Schon in der dritten Woche hatte ich meinen Schlüsselsatz gefunden: „Der Glaube ist eine feste Zuversicht auf das, was man hofft und ein Nicht-Zweifeln an dem, was man nicht sieht.“ (Hebr. 11,1) Spätestens jetzt merkte ich, dass ich immer schon einen unerschütterlichen Glauben hatte, er war mir nur irgendwie in den Jahren der Hetzerei, der Neuanfänge, der Existenzsicherung entglitten. Am Ende der vierten Woche haben wir uns getroffen, um über die gemeinsame Zeit insgesamt zu reden. Da merkte ich noch einmal, wie sehr ich mich in den letzten Jahren von Betriebsamkeit auffressen lassen habe. Ein fünftes Mal trafen wir uns, um den Gottesdienst zu besprechen, den Ulrike im Februar zum Thema gehalten hat. Dieser Gottesdienst hat mir viel Freude gemacht, war auch er doch wie ein Ankommen zu Hause. Schade, dass diese Zeit vorbei ist.
Was schätzen Sie an der Bartholomäusgemeinde?
Die Segnung der Kinder ist so wunderbar, die Kinder sind so aufgehoben. Das Segnungsteam, welches auch nach dem Gottesdienst für schwierige Lagen bereitsteht, ist ein Segen für die Gemeinde. Das Miteinander aller Handelnden in dieser Gemeinde tut einfach gut. Ich bin in allen Gruppen sofort herzlich aufgenommen worden, auch bei den Senior/innen. Ach, und der Kindergarten ist eine Wucht.
Was wünschen Sie sich für die Bartholomäusgemeinde?
Dass sie so lebendig bleiben möge. Für den Chor wünsche ich mir Verstärkung, aber immerhin, es gibt einen. In Frankfurt habe ich in den letzten Jahren bei der sogenannten Stillen Zeit zwischen den Jahren mitgemacht. Diese tägliche halbe Abendstunde würde ich gern in der Bartholomäusgemeinde einführen.
Haben Sie ein Lebensmotto?
So einige: Jede Chance ergreifen, auf Gott vertrauen, aber jetzt auch: Schluss mit Muss.
Vielen Dank.