Gerade zurückgekehrt von einer Gemeindefreizeit in Hirschluch/Storkow ist es ein guter Moment, auf die Wirkung von Freizeiten einzugehen. Wir hatten eine gute Zeit. Waren zusammen mit fast fünfzig Menschen im Alter von noch nicht einem bis ungefähr siebzig Jahren. Es waren Familien, Paare und Alleinstehende zusammen auf Reisen. Es wurde gesungen, gespielt, gegessen, geredet und gefeiert.

Gemeinde an anderem Ort berührt mehr Lebensbereiche als normales Gemeindeleben. Es kann, weil alles seine Zeit hat. Gerade dadurch, dass die Reisegruppe sich zum Freizeitort bewegt hat, bewegt sich auch innerlich viel. Das beginnt schon mit der Entscheidung mitzufahren. Menschen vertrauen sich an, ein paar Tage Leben mit anderen zu teilen und Gemeinschaft zu üben. Sie sind sehr aufmerksam.

Als Arbeitsform entstanden Freizeiten schon im 19. Jahrhundert und etablierten sich als fördernde Gemeinschaftsform im Laufe des 20. Jahrhunderts. Dabei spiegelten die Freizeiten auch den jeweiligen Geist der Zeit, z.B. die romantische Naturliebe des Wandervogels und die reformpädagogischen Ideale wider. Im Nationalsozialismus und in der Zeit der DDR wur­de versucht, die Fahrten für eigene und somit gemeindefremde Zwecke zu nutzen oder zu verhindern, da man ihre Bedeutung erkannte.

Insbesondere in der Jugendarbeit wurden die Formen seitdem immer weiterentwickelt. Ein abwechslungsreiches und qualifiziertes Programm mit thematisch kreativen Ein­heiten zu Glaubens- und Lebensthemen führt dazu, dass aus Hören Erleben wird. Glaubensgewissheiten und Beziehungen, die bei Freizeiten entstehen, prägen oft ein ganzes Leben.

Aus meiner Sicht ergänzt eine Gemeinde- oder Jugendfreizeit, die bei uns JaRü heißt, den Gemeindealltag mit den Gottesdiensten und Gruppen wie das Kloster die Parochie (Ortsgemeinde). Freizeiten wirken wie ein Kloster auf Zeit. Sie ermöglichen, dass Glaube ganzheitlich eingeübt werden kann. Die gemeinsame Zeit bietet eine einzigartige Chance, bisherigen „Trott“ zu verlassen und neues Verhalten auf Zeit zu erproben und zu genießen. Daraus kann man nach der Zeit wieder aussteigen oder versuchen, es in den Alltag in Schule, Familie, Gemeinde zu übertragen. So verlangt eine Anmeldung zu einer Freizeit zum einen Mut, sich auf andere und einen anderen Tagesablauf einzulassen, und zum anderen bietet es ein Schaufenster, wie ein Leben unter der Hypothese, es gäbe Gott und ein gutes Zusammenleben, dauerhaft aussehen könnte.

Ralf Döbbeling